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Im Gespräch

Von einer tiefen Gewissheit getragen

Was Priesteramtskandidat Tommy Reißig an seiner Tätigkeit als Seelsorger besonders mag – „Den Zölibat erlebe ich nicht als etwas Aufgezwungenes“

Würzburg (POW) Am Samstag vor Pfingsten, 27. Mai, weiht Bischof Dr. Franz Jung Tommy Reißig im Kiliansdom zum Priester. Warum er sich für diesen Weg entschieden hat und welchen Berufswunsch er als Kind hatte, verrät Reißig im folgenden Interview.

POW: Herr Reißig, am 27. Mai ist es so weit. Sie werden zum Priester geweiht. Was geht Ihnen so kurz vorher durch den Kopf?

Tommy Reißig: Ich habe direkt nach dem Abitur mit der Ausbildung begonnen und sieben Jahre auf diesen Tag hingearbeitet. Oft habe ich mir gedacht, dass die Zeit wohl nie vergeht. Und jetzt, ein paar Tage vorher, fühlt sich das so unwirklich an. Nervös bin ich aber nicht, vielmehr frage ich mich, was innerlich passiert. Ganz blumig formuliert: „Wie wird es sich wohl anfühlen, wenn Gott während der Weihe in die Seele eingreift?“ Viel Zeit zum Nachdenken bleibt aber nicht, da ich die Primiz organisieren muss: die Gewänder, die Liedhefte und so weiter.

POW: Welche Musik haben Sie sich für diesen Gottesdienst gewünscht?

Reißig: Das klassisch fränkische „Preis dem Todesüberwinder“, aber auch eine Komposition des Organisten Louis Vierne. Ich singe selbst sehr gerne. Mir gefällt vor allem die französisch-anglikanische Richtung mit viel Orgeleinsatz und ich höre gerne den Domsingknaben und der Mädchenkantorei zu. Blasmusik hingegen mag ich nicht so gerne.

POW: Der Primizspruch ist eine Art Motto, ein Leitgedanke, mit dem Sie ins Priesterleben starten. Welchen haben Sie gewählt?

Reißig: Ein Zitat des Kirchenlehrers Thomas von Aquin: „Allein Christus ist wahrer Priester, die anderen aber sind seine Diener“. Auch wenn ich Priester bin, bedeutet das immer Teilhabe am Priestertum Christi. Und wenn ich in Zukunft Sakramente spende, ist Jesus der eigentlich Handelnde und ich, Tommy, muss und darf zurücktreten. Außerdem ist das Zitat eine Mahnung, mich selbst nicht wichtig zu nehmen.

POW: Mit 25 Jahren wurden Sie zum Diakon geweiht, ein halbes Jahr später nun zum Priester. Was entgegnen Sie denjenigen, die Sie für zu jung halten oder Ihnen gar raten, es sich nochmal zu überlegen?

Reißig: Auf mein Alter werde ich oft angesprochen. Natürlich hätte ich mehr Lebenserfahrung sammeln können, egal ob beruflich oder privat. Aber ich weiß schon seit meinem zwölften Lebensjahr, dass ich Priester werden möchte. Selbst in Momenten des Zweifels während meiner Ausbildung habe ich mich von Gott getragen gefühlt und gespürt, dass dieser Weg für mich der richtige ist. Deshalb habe ich Bischof Franz aus Überzeugung um die Weihe bitten dürfen.

POW: Mit zwölf Jahren wussten Sie schon, dass sie Priester werden möchten? Ihre Familie ist sicher sehr gläubig.

Reißig: Meine Glaubensbiografie ist eher ungewöhnlich. Meine Familie kommt aus der ehemaligen DDR, meine Mutter ist nicht getauft, mein Vater vor meiner Geburt aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Getauft bin ich trotzdem, aber erst später zum Katholizismus konvertiert. Meine Heimatpfarrei ist eher altlutherisch geprägt und ich habe dort schnell gemerkt, dass ich mich in der katholischen Frömmigkeit geborgener fühle: Die Sakramente, die Ästhetik der Liturgie, um nur zwei Säulen zu nennen.

POW: Hatten Sie ein Berufungserlebnis?

Reißig: Das muss 2009 gewesen sein, eine Woche vor Gründonnerstag. Wir hatten Berufsberatung an der Schule. Ein Mitschüler fragte mich im Sportunterricht, was ich werden möchte. Und plötzlich legte sich in meinem Kopf ein Schalter um. Ich spürte eine Ruhe, eine tiefe Gewissheit, und antwortete ganz selbstverständlich „Pfarrer“. Um es mystisch auszudrücken: „Gott hat mich in meiner Seele berührt.“ Es ist also kein Blitz eingeschlagen, vielmehr war es spektakulär unspektakulär.

POW: Gab es auch einen Plan B? Vielleicht als Mönch in einem Orden?

Reißig: Als ganz junges Kind wollte ich unbedingt Friseur werden. Als Religionslehrer im Kirchendienst hätte ich mich auch gesehen oder als hauptamtlicher Mesner. Das Klosterleben hingegen ist kein Modell für mich.

POW: Haben Sie ein Vorbild?

Reißig: Ich habe früh Benedikt XVI. verehrt, viele seiner Predigten gehört und seine „Einführung in das Christentum“ gelesen. Da hat sich mir viel erschlossen. In meinem früheren Kinderzimmer steht noch immer sein Bild auf dem Nachttischschrank. Es war ein bisschen so wie bei einem Jugendlichen, der einen Popstar verehrt (lacht).

POW: Als Priester geben Sie Freiheiten auf, angefangen beim Zölibat bis hin zum Armutsgebot. Was persönlich fällt Ihnen am schwersten?

Reißig: Den Zölibat erlebe ich nicht als etwas Aufgezwungenes. Was mir schwerfällt, sind die vielen Verpflichtungen am Wochenende. Wenn meine Freunde in Zukunft etwas unternehmen, werde ich meist nicht dabei sein können.

POW: Das Priesterleben hält nicht nur Entbehrungen bereit. Was bekommen Sie im Gegenzug?

Reißig: Wer viel gibt, bekommt viel von den Menschen zurück. Zum Beispiel ein Kompliment nach einer gelungenen Predigt. Geistlich gesprochen, gewinnt man eine große Familie. Gerade bin ich in einer Pfarreiengemeinschaft im Hochspessart eingesetzt. Da wird noch Rücksicht genommen und dem Pfarrer auch mal ein Bier ausgegeben (lacht). Interessanterweise hat sich seit meiner Diakonenweihe und dem Zölibatsversprechen das Verhältnis zu meinen Eltern gefestigt. Vermutlich weil sie wissen, dass ich keine eigene Familie gründen werde. Außerdem wird mir die Freiheit geschenkt, vor Gott und für den Menschen zu dienen. Wenn also nachts ein Anruf kommt und jemand um die Krankensalbung bittet, bin ich verfügbar.

POW: Wo sehen Sie Ihre Stärken?

Reißig: Es hört sich an wie ein Klischee, aber es ist definitiv die Liturgie. Außerdem mache ich gerne Senioren- und Jugendarbeit. Zumindest bekomme ich in diesen Bereichen am häufigsten positive Rückmeldungen.

POW: Ein Pfarrer ist heute Seelsorger, Arbeitgeber und Verwalter in einem. Fühlen Sie sich gewappnet für die „weltlichen Aufgaben“?

Reißig: Es stimmt, dass Pfarrer heute auch Manager sein müssen, und durch die größeren Pastoralen Räume kommen immer mehr Aufgaben hinzu. Ohne die Hilfe von Haupt- und Ehrenamtlichen würde ich mich auch nicht trauen, eine Großpfarrei zu übernehmen. Bis es so weit ist, dauert es noch. Erst werde ich Kaplan, dann Pfarrvikar, und anschließend darf ich mich erst Pfarrer nennen. Ich werde also behutsam an die Verwaltungsaufgaben herangeführt.

POW: Wissen Sie schon, wo es hingeht?

Reißig: Ja, es ist allerdings ein offenes Geheimnis. Ich komme in die Stadtpfarrei Heilig Geist Schweinfurt. Komplettes Neuland für mich.

Interview: Galina Bauer (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

(2123/0578; E-Mail voraus)

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