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Zum Tod von Bischof Scheele

Ein Leben für „Friede und Freude“ aus dem Glauben

Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele hat die Diözese Würzburg nachhaltig geprägt – Spuren in der weltweiten Ökumene hinterlassen – Rolle der Laien entschieden gestärkt

Würzburg (POW) Bischof zu sein, das war für ihn nicht irgendein Job. Es war für ihn eine Lebensaufgabe. Deswegen blieb der im westfälischen Olpe (Erzbistum Paderborn) Geborene auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2003 weiter in Würzburg. Würzburg war und blieb der Ort, an dem er seit 1979 wirkte, davon fast 24 Jahre als amtierender Diözesanbischof – länger als viele seiner 86 Vorgänger auf dem Stuhl des heiligen Burkard. Am Abend des 10. Mai ist Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele im Alter von 91 Jahren in Würzburg gestorben.

„Das Gute zu stärken ist besser, als einen Krieg gegen das Übel zu führen.“ Diese Devise prägte die Amtszeit des 87. Bischofs von Würzburg. Auf diese Weise warnte der Bischof vor einer Tendenz, dauernd Dinge zu thematisieren, die nicht gehen, und 100 Dinge nicht anzugehen, die möglich sind. Freiheit war ein wichtiges Leitmotiv für Bischof Scheele. Und das ließ er in seinem Wirken immer wieder anklingen. „Ich versuche, den einzelnen Menschen ernst zu nehmen, so wie er ist“, sagte er. Seinen bischöflichen Wahlspruch „Friede und Freude“ setzte er um, auch wenn es um ganz konkrete, tagesaktuelle Fragen ging. Wohl auch deswegen verzichtete er 1996 in seinen Orientierungshilfen „Unser Weg“ für das Bistum darauf, verpflichtende einheitliche Modelle für das gesamte Bistum herauszustellen und Festlegungen wahrzunehmen, die am Ende niemandem helfen würden. „Der weite und freie Raum innerhalb der Wegmarkierungen ist offen für neue Initiativen“, schrieb der Bischof damals.

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In den 24 Jahren seiner Amtszeit als Bischof von Würzburg durchlief die Diözese zahlreiche Veränderungen. Doch Bischof Scheele klagte nicht, stattdessen stärkte er das Gute. In der Seelsorge nahm die Zahl der Priester ab – Bischof Scheele förderte das Engagement der Laien. Als er 2003 emeritiert wurde, war die Zahl der hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger trotz Priestermangel höher als zu Beginn seiner Amtszeit. Priester, Diakone, Pastoralreferenten und Gemeindereferenten sorgten gemeinsam in den damals knapp 880 Pfarreien, Kuratien und Filialen mit, dass das Wort Gottes weitergegeben wurde. Ehrenamtliche wirkten als Kommunionspender, Lektoren, Wortgottesdienstleiter sowie als Mitglieder von Pfarrgemeinderäten und Kirchenverwaltungen wie auch Gremien auf Dekanats- und Diözesanebene. Das Miteinander der verschiedenen Dienste in der Pastoral war in der Amtszeit Bischof Scheeles selbstverständlich geworden – vereint unter dem Dach der „Kooperativen Pastoral“. Jeder war eingeladen, aktiv seinen Teil zum Leben der Pfarrgemeinde beizutragen. Eine „ganze Heerschar“, wie Bischof Scheele sagte, habe dieses Konzept umgesetzt, um das man von 1993 bis 1996 rang. „Wir sind Kirche – Wege suchen im Gespräch“ lautete der von Bischof Scheele zu diesem Zweck initiierte Dialogprozess im Bistum Würzburg. Für die Anliegen der Jugend zeigte er sich offen und nahm sie ernst.

Zur Pastoral gehörten für ihn immer aber auch die karitativen und sozialen Dienste. Nie wurde Bischof Scheele müde zu betonen, dass diese noch stärker beachtet werden müssen. Zahlreiche Projekte entstanden in Bischof Scheeles Amtszeit und wurden von ihm eingeweiht: Kindergärten, Sozialstationen, Beratungsdienste, Seniorenheime und gegen Ende seiner Amtszeit die größte Seniorenwohnanlage der Diözese, das Marienstift in Schweinfurt, als Antwort auf die Krise in der Kugellagerstadt Anfang der 1990er Jahre. Die Krankenwallfahrt in der Kilianiwallfahrtswoche, gestand er einmal, war für ihn einer der bewegendsten Gottesdienste, den er jedes Jahr feiern durfte. Den Kranken und Notleidenden wende sich Christus bevorzugt zu, und ihnen gelte sein Verständnis, betonte der Bischof. „Wir sind gut beraten, wenn wir uns an die Armen halten, wenn wir die Freundschaft der Freunde Jesu suchen, wenn wir helfen, wo immer wir helfen können.“ Die bedrängten Katholiken im südthüringischen Teil des Bistums, der nach dem Mauerfall in das Bistum Erfurt überging, unterstützte er zu DDR-Zeiten nach Kräften und stärkte die Zusammengehörigkeit in besonders schwierigen Zeiten, unter anderem mit privaten Besuchen in den rigoros abgeschotteten Regionen. Als Bischof hätte er keine Einreisegenehmigung erhalten.

Bischof Scheele blieb aber nicht bei der Hilfe für materiell und körperlich Notleidende stehen. Auch die geistigen und geistlichen Nöte der Menschen hatte er unter dem Stichwort „Kulturdiakonie“ im Blick. Dazu zählte der jährliche Aschermittwoch der Künstler mit wegweisenden Worten an die Kunstschaffenden ebenso wie das von ihm und dem Komponisten Berthold Hummel 1989 geschaffene Oratorium „Der Schrein der Märtyrer“. Hilfen vermittelten darüber hinaus die in den 1990er Jahren geschaffenen Museen vom Marmelsteiner Kabinett über Tückelhausen und Astheim bis hin zum 2003 eröffneten Museum am Dom sowie das Brucknerfest, dessen Schirmherr der Bischof war.

Der Blick des Bischofs reichte aber über die Diözese Würzburg hinaus: Die Sorge um die Einheit aller Christen, der Kontakt und Dialog mit den anderen Konfessionen und Religionen waren ihm selbstverständlich. Papst Johannes Paul II. schätzte ihn besonders wegen seiner jahrzehntelangen ökumenischen Erfahrungen und seiner daraus resultierenden realistischen, aber doch hoffnungsvollen Sicht des Wegs hin zur Einheit der Christen. 1976 wurde Bischof Scheele Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, ab 1984 wirkte er im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen. Weit über seine Amtszeit als Bischof von Würzburg hinaus war Bischof Scheele auf Wunsch von Papst Benedikt XVI. bis 2008 Mitglied im Einheitsrat. „Bei ökumenischen Aufgaben gibt es kein Verfallsdatum“, betonte Bischof Scheele. Zudem engagierte er sich in der Päpstlichen Gesprächsgruppe, die den Dialog mit den Altorientalen führt. Gefragt war Scheele hier vor allem als Kenner der Dogmengeschichte, nicht zuletzt eine Frucht seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der Theologie. „Wiederholt haben wir erfahren dürfen, dass das Glaubenszeugnis der orientalisch-orthodoxen Kirchen eine große Hilfe für uns alle ist“, betonte der Bischof.

Engen Kontakt hielt Bischof Scheele zu den zahlreichen Missionsgemeinschaften im Bistum und den in seiner Amtszeit rund 200 aus dem Bistum stammenden Missionaren und Missionsschwestern in aller Welt. „Mission ist eine ständige Provokation für alle, die in den Dienst des Reiches Gottes berufen sind“, sagte er. Die Partnerschaft mit der afrikanischen Diözese Mbinga besiegelte er 1989. Der damalige Bischof Dr. Emmanuel Mapunda sagte, Bischof Scheele sei für ihn „wirklich zu einem Bruder geworden“. Bei einem Besuch in Tansania weihte Bischof Scheele 1997 die Kathedrale Sankt Kilian des Partnerbistums Mbinga. Als am 5. Juni 2011 John C. Ndimbo zum neuen Bischof von Mbinga geweiht wurde, stand Bischof Scheele an der Spitze der Würzburger Delegation. Nicht Patenschaft, sondern Partnerschaft soll die deutsch-afrikanische Beziehung prägen, betonte er stets. Daran wurde deutlich, wie wichtig ihm die weltweite Verantwortung und Solidarität der Würzburger Ortskirche war. „Jede Diözese ist ganz Kirche, aber nicht die ganze Kirche. Sie ist Teilkirche, aber nicht ein Kirchenteil. All das verpflichtet Papst und Bischöfe zu vertrauensvoller Zusammenarbeit, in der die Position aller beachtet und geachtet wird.“

Drei besondere Höhepunkte fielen in die Amtszeit des Bischofs: 1989 die 1300-Jahr-Feier des Martyriums der Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan, 1992 das 1250. Jubiläum der Bistumsgründung und schließlich 2000 das Heilige Jahr. Bischof Scheele blickte bei allen Jubiläen nicht nur zurück, sondern erschloss beispielsweise die 1300 Jahre alte Spiritualität der Frankenapostel für die Menschen von heute. Tiefere Wurzeln sollte die Verehrung dieser Heiligen entwickeln, damit Kiliani mehr ist als nur Volksfest. Die Bistumsgründung stellte Bischof Scheele als Teamarbeit vor, als Herausforderung und Vorbild für heutiges Handeln: „Fest miteinander vereint brachen sie auf.“

Das Zeugnis der Bistumsheiligen – seien es Kilian und Gefährten, Burkard, Thekla und Lioba, Adalbero und Bruno oder der selige Liborius Wagner – konnte Bischof Scheele nicht oft genug hervorheben. Anstecken lassen sollten sich die Gläubigen vom Feuer, das in diesen Menschen gebrannt hat. Das Leben neuer Glaubenszeugen brachte Bischof Scheele ans Licht. Er forschte und schrieb über den NS-Märtyrerpriester Georg Häfner und über die Mystikerin Julitta Ritz und förderte so das Gedenken an diese Zeugen unserer Tage. Nicht zuletzt seinem nimmermüden Einsatz ist es mit zu verdanken, dass Pfarrer Häfner 2011 im Würzburger Kiliansdom seliggesprochen wurde. Erlöserschwester Ritz wurde im gleichen Jahr als wichtige Etappe auf dem Weg zur Seligsprechung der „heroische Tugendgrad“ zugesprochen. „Wir brauchen Brückenbauer zwischen den vielen Gemeinschaften dieser Welt wie zwischen den Menschen, die durch vieles voneinander getrennt sind. Mehr noch brauchen wir Menschen, die selber lebendige Brücken sind“, begründete er sein Engagement für die Seligsprechungen in seinem jüngsten Buch über Schwester Julitta.

Besondere Initiativen von Bischof Scheele waren der 1984 gegründete Solidaritätsfonds Arbeitslose und die 1999 errichtete Stiftung „Miteinander für das Leben“. Rund 4350 Menschen in Unterfranken wurde und wird bis heute mit Hilfe des Solidaritätsfonds der Broterwerb gesichert, Schwangere und Mütter in Not erhalten von „Miteinander für das Leben“ Hilfe bei ganz alltäglichen Problemen.

Im Bistum Würzburg half er nach der Emeritierung weiter nach Kräften mit, sei es bei Firmungen, Jubiläen oder bei Weihen. Die Entscheidung hierüber überließ Bischof Scheele seinen Nachfolgern. Als in den vergangenen Jahren gesundheitliche Probleme seinen Bewegungsradius einschränkten, fokussierte er sich auf das Gebet und die Forschung. Die Liste der von ihm geschriebenen theologischen Bücher ist lang. „Von der Leitung des Bistums entbunden, hat man mehr Möglichkeiten, schriftlich weiterzugeben, was einem wichtig ist. Es entfallen etliche Verpflichtungen, für die man nicht die Bischofsweihe empfängt, denen man aber gerecht werden soll“, erklärte er vor wenigen Jahren.

Zudem bewahrte er sich seinen herzlichen Humor. So scherzte Bischof Scheele, als er seinen Alterswohnsitz im Obergeschoss des Diözesanarchivs bezog: „Bei uns werden alte Bischöfe im Archiv abgelegt.“ Seine Leidenschaft für das Klavierspiel und den Fußball erhielt er sich bis zuletzt.

Die Worte, die er bei seiner Verabschiedung als Bischof von Würzburg im Würzburger Kiliansdom am 13. Juli 2003 sprach, klingen heute wie sein Vermächtnis: „Bischöfe kommen und gehen, Jesus Christus bleibt. Halten wir uns an ihn, halten wir zu ihm, was immer auch kommt. Setzen wir uns mit ihm für das Reich Gottes ein, helfen wir mit ihm, wo immer wir helfen können. Tun wir mit ihm, was eint; tun wir es in allen Bereichen unseres Lebens: in den Familien, den Pfarrgemeinden und Dekanaten, in unserer Diözese, in der weltweiten Kirche und in der gesamten Ökumene.“

Nicht nur als Würdenträger, auch als Mensch wird Paul-Werner Scheele vielen in Mainfranken und darüber hinaus schmerzlich fehlen.

Zur Person

Paul-Werner Scheele wurde am 6. April 1928 in Olpe in Westfalen geboren. Nach Kriegsdienst, Abitur und Studium weihte ihn Erzbischof Lorenz Jaeger am 29. März 1952 in Paderborn zum Priester. Danach war Scheele Kaplan und Religionslehrer an berufsbildenden Schulen in Paderborn. 1964 promovierte er an der Theologischen Fakultät der Universität Würzburg und war dann als Journalist für eine kirchliche Zeitschrift bei der dritten und bei Teilen der vierten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils tätig. Es folgten Jahre als Professor in Fulda und Marburg, in Bochum und Würzburg, schließlich von 1971 bis 1979 in Paderborn. Dort leitete er das Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik. Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt spendete Scheele am 9. März 1975 in Paderborn die Bischofsweihe. Es folgten vier Jahre als Weihbischof in Paderborn. Am 31. August 1979 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum 87. Bischof von Würzburg. Die Amtseinführung fand am 21. Oktober 1979 in Würzburg statt. 24 Jahre, von 1979 bis 2003, leitete Bischof Scheele das Kiliansbistum gemäß seinem Wahlspruch „Friede und Freude“. In der Deutschen Bischofskonferenz war er von 1976 bis 2003 Vorsitzender der Ökumenekommission. Außerdem war er neben vielen weiteren ökumenischen Aufgaben von 1984 bis 2008 als Mitglied im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen tätig. Seit 14. Juli 2003 war er emeritiert, nahm aber weiterhin zahlreiche Aufgaben im Bistum und in der weltweiten Ökumene wahr, beispielsweise seit 2003 in der Kommission für den theologischen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Bischof Scheele war Ehrendomherr in Paderborn und Würzburg, Träger der Goldenen Stadtplakette der Stadt Würzburg, des Bayerischen Verdienstordens und des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse sowie Honorarprofessor und Ehrensenator an der Universität Würzburg. Anlässlich des 85. Geburtstags verlieh ihm die Stadt Würzburg 2013 den Ehrenring. Bischof Scheele starb am Freitag, 10. Mai 2019, im Alter von 91 Jahren in Würzburg.

                                                                                                                                                                                                                                                              mh/bs (POW)

(2019/0505; E-Mail voraus)

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