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Reportage

Bei „Stille Nacht“ wird es emotional

Bischof Dr. Franz Jung feiert mit Gefangenen und Bediensteten in der Justizvollzugsanstalt Würzburg einen weihnachtlichen Gottesdienst

Würzburg (POW) Verlegen reibt sich bei den Klängen von „Stille Nacht“ der eine oder die andere übers Gesicht. Insgesamt rund 200 weibliche und männliche Gefangene der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg haben sich am Donnerstagnachmittag, 21. Dezember, in der Hauskapelle versammelt, um mit Bischof Dr. Franz Jung sowie Bediensteten und Ehrenamtlichen der JVA einen der zwei ökumenischen weihnachtlichen Gottesdienste zu feiern.

Es sind vermutlich die belastendsten Tage im Jahr für die rund 600 Frauen und Männer in der JVA Würzburg: Während andere zuhause bei ihren Familien um den Christbaum feiern, sitzen sie an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen oft einsam hinter verschlossenen Türen in ihren Zellen. Ein kleiner Lichtblick ist die ökumenische Christvesper.

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„Viele Gefangene sind in diesen Tagen besonders bedrückt. Das betrifft vor allem diejenigen, die diese Zeit zum ersten Mal in der JVA erleben“, beschreibt die katholische Gefängnisseelsorgerin Pastoralreferentin Doris Schäfer die Stimmung hinter Gittern an Weihnachten. Familie und Freunde könnten in dieser Zeit nur eingeschränkt zu Besuch zugelassen werden. Weil zudem die JVA-Betriebe wegen der Feiertage geschlossen seien, entstehe viel Leerlauf. „Wir bieten besonders gutes Essen an. Es gibt Wild, Braten und Geflügel“, sagt JVA-Chef Leitender Regierungsdirektor Ullrich Mann.

Zu Beginn des Weihnachtsgottesdienstes begrüßt Schäfer alle, die zum Gottesdienst in die JVA-Kapelle gekommen sind, darunter die Ehrenamtlichen vom Besuchsdienst. „Weihnachten ist das Fest, an dem der Messias als Fürst des Friedens uns einlädt, mit uns selbst und dem eigenen Leben Frieden zu schließen“, sagt Bischof Jung in seiner Predigt. Weihnachten zeige, dass Gott mit den Menschen einen Neuanfang feiern wolle, so wie im Buch des Propheten Jesaja die Rede davon ist, dass aus dem Baumstumpf ein neuer Zweig hervorkommt. Der Stumpf stehe für Einschnitte im persönlichen Leben. Zum Beispiel dem Einschnitt, „dass plötzlich öffentlich wird, was man insgeheim schon seit Jahren illegal lebte, in der Illusion, man käme irgendwie damit durch“. Jesaja sei der Überzeugung, dass Einschnitte im Leben Momente sein können, die eine Chance bieten, noch einmal ganz neu zu beginnen. Gott schenke den Menschen als Hilfe die Gaben des Heiligen Geistes. „Dieser lehrt uns zum Beispiel, mit Entschiedenheit nach vorne zu schauen und zu fragen, was ich das nächste Mal anders, was ich besser machen werde.“ Wer aus der Fülle des Heiligen Geistes lebe, lerne, sich anzunehmen und zu vergeben, „weil Gott mich annimmt und mir vergibt“, betont der Bischof. „Von Herzen wünsche ich Ihnen allen diesen weihnachtlichen Frieden!“

Die Fürbitten bringen zur Sprache, was die Menschen hinter Gittern bewegt: Sie beten unter anderem für Menschen, die von ihrer Familie getrennt sind, die einsam und ausgegrenzt sind, für die Opfer von Krieg und Vertreibung. Für die Verstorbenen des vergangenen Jahres. Musikalisch engagieren sich zahlreiche Frauen und Männer für den weihnachtlichen Gottesdienst, zum Beispiel der Frauenchor der JVA und der CVJM-Posaunenchor Würzburg. Die evangelische Pfarrerin Astrid Zeilinger trägt das Weihnachtsevangelium vor. Viele Ehrenamtliche, die sich in der Würzburger JVA engagieren, feiern die Vesper mit. Prominente Gäste sind neben Anstaltsleiter Mann die Landtagsabgeordnete Dr. Andrea Behr sowie der langjährige Landtagsabgeordnete Manfred Ländner. Mann wünscht den Gefangenen am Ende des Gottesdienstes ein frohes Weihnachtsfest. „Und wenn Sie in den kommenden Tagen besser mit der Gefühlslage umgehen können als Ihr Nachbar, Ihre Nachbarin, trösten Sie ihn oder sie. Das ist eine wertvolle Form der Gemeinsamkeit.“

Bevor nach dem Segen „Stille Nacht“ erklingt, dankt Gefängnisseelsorgerin Schäfer dem Bischof, der die ermutigende Botschaft der Weihnacht den Gefangenen nahegebracht habe. Danach warten wieder die Zellen auf die Gefangenen. Bischof Jung und die übrigen Seelsorger verabschieden sie am Ausgang der Kapelle. „Frohe Weihnachten!“, wünscht der Bischof jedem einzelnen Häftling und überreicht dabei eine Weihnachtskarte.

Markus Hauck (POW)

(0124/0011; E-Mail voraus)

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